Sonntag, 9. März 2014

Katechese: entscheidend ist die Qualitiät der Begegnung


Statio vom 2./3.11.2013 - CJ31 –  Ev.: Lk 19,1-10 – Zachäus

 
Was ist das wichtigste Wort im Leben eines kleinen Kindes? „Mama“? oder „Papa“? Darüber freuen sich Mama und Papa natürlich besonders. Worüber sie sich meist gar nicht freuen ist das Wort „NEIN“. Wenn das Kind anfängt, NEIN zu sagen, wird es anstrengend. Dabei ist das „NEIN“ ein gutes Zeichen. Es zeigt, dass das Kind seine eigene Persönlichkeit entwickelt. „NEIN“ sagen kann ein Kind nur, wenn andere bedingungslos „JA“ zu ihm sagen. Wenn es keine Angst haben muss, die Liebe der Eltern zu verlieren. Durch eine vertrauensvolle Beziehung und eine sichere Bindung zu den Eltern entwickelt das Kind das sogenannte Urvertrauen. Ein grundsätzliches Vertrauen ins Leben. Und dies ist entscheidend dafür, dass es später „JA“ zu sich selbst sagen kann, auch wenn andere einmal „NEIN“ zu ihm sagen.  ---  Entscheidend für das Urvertrauen ist also die Qualität der Beziehung zwischen Eltern und Kind.

 Auch Psychologen haben herausgefunden: Für den Erfolg einer Therapie oder einer Beratung ist es nicht allein wichtig, was der Berater kann. Ausschlaggebend ist die Qualität der Begegnung zwischen ihm und dem Ratsuchenden. Wenn der Klient sich akzeptiert und verstanden fühlt, erkennt er oft selber, was für ihn richtig ist. Gute Ratschläge können auch Schläge sein. Aber eine wertschätzende Begegnung kann dem Leben eine neue Richtung geben.

 Von so einer Begegnung erzählt auch unser heutiges Evangelium. Jesus begegnet dem Zöllner Zachäus. Dieser ist zwar reich, aber menschlich gesehen ein armes Würstchen. Die Leute meiden ihn. Nicht nur, weil er ihnen zu viel Geld abknöpft. Von Berufs wegen treibt er Zölle ein für die verhasste Besatzungsmacht. Dazu kommt, dass er mit den Römern – also mit Heiden – regelmäßig Kontakt hat. Das macht ihn für gläubige Juden unrein. Jeder der Kontakt mit ihm hat, schließt sich vom Tempelkult aus. Also gehen ihm lieber alle aus dem Weg. Jesus dagegen laufen die Leute entgegen. Gerade erst hatte er einen Blinden geheilt. Neugierig stehen sie an der Straße. Auch Zachäus will sehen, wer dieser Jesus sei. Alleine sitzt er im Baum und hält Ausschau nach ihm. Vielleicht versteckt er sich sogar hinter den Blättern. Doch Jesus geht nicht vorbei: Er bleibt stehen. Sieht Zachäus an.  - 

Stellen Sie sich diese Situation im Baum mal bildlich vor: Sie selbst sind Zachäus, sitzen da oben im Baum hinter dem Blättervorhang. Von aller Welt werden Sie gemieden. Und dann trifft Sie ein Blick. --- Da gibt Ihnen jemand Ansehen. ---  Und es bleibt nicht beim stummen Blick. Die Begegnung wird intensiver: „Heute noch muss ich in deinem Haus zu Gast sein.“

In unserem Evangelium bringt Jesus Zachäus Wertschätzung entgegen, gibt ihm Ansehen. Und das ermöglicht diesem, sein Leben zu ändern. Die Qualität der Begegnung zu Jesus macht es ihm möglich, seinem Leben eine neue Richtung zu geben.

Die Zachäusgeschichte steht auch am Anfang unserer Erstkommunionvorbereitung. Auch dort ist die Qualität der Begegnung zwischen Kindern und Katecheten ganz wichtig. Den Kindern soll bewusst werden, dass Gott sie liebt: Vor aller Leistung und trotz aller Schuld. Sie sollen die Erfahrung machen, dass sie dazugehören: zur Gruppe und zu Jesus Christus und damit zur Kirche. Und die Eltern sollen erfahren, dass Gott anders ist als die Menschen. Er macht immer den ersten Schritt. Gott sagt „JA“! Und erst dann folgt unsere Antwort – unser Tun. Unter Menschen ist das ja oft umgekehrt. Die erwarten, dass man sich erst ändert, bevor sie einen wertschätzen. Glauben ist aber kein Erziehungsmittel. Es geht um Begegnung mit Jesus Christus. Und in der Katechese sollen die Kinder eine Ahnung davon bekommen, dass ihr Leben gelingt, wenn sie darauf vertrauen, dass Gott „JA“ zu ihnen sagt.

Doch wie kommen Menschen zum Glauben? Wir können ihn ja nicht wie ein fertiges Paket übergeben. -- Zum Glauben kommt man durch Glaubenszeugen und durch eigene Erfahrungen. Und beides wollen wir Kindern in der Katechese ermöglichen: Gelingende Begegnung mit Glaubenszeugen und Begegnung mit Gott.

Leider wird es immer schwieriger, dass die Kinder solchen Glaubenszeugen begegnen können. Aus dem Kreis der Eltern finden sich jedes Jahr immer weniger, die bereit oder fähig sind, die Kinder auf die Erstkommunion vorbereiten. In diesem Jahr fehlen noch Katecheten für etwa sieben Gruppen. Das heißt: 35 Kinder können derzeit nicht auf die Erstkommunion vorbereitet werden. Mir wurde deshalb schon gesagt: „Du bist viel zu lasch. Du musst die Eltern zu ihrem Glück zwingen.“ Andere sagen recht unverhohlen: „Die Eltern machen es sich leicht: Geben ihr Kind ab und halten sich raus. Die können ruhig auch mal was tun!“ Ich werde regelmäßig wütend, wenn ich so etwas höre. Wütend, und auch hilflos. Da wird „Glauben-bezeugen“ gleichgesetzt mit „fleißig sein“. Ich habe den Eindruck, Viele verschließen die Augen vor der Situation, in der Familien leben.

Denn erstens: Eltern sind nicht faul. Viele haben einfach keine Zeit, weil sie berufstätig sind. Auch viele Mütter. Dazu kommt, von allen Seiten wird erwartet, dass sie sich einbringen: von der Schule, vom Kindergarten, vom Sportverein. Und zweitens: Viele Eltern sind selbst nicht mehr im Glauben groß geworden. Oder sie fühlen sich da nicht mehr zu Hause. Aber ihren Kindern wollen sie den Glauben nicht vorenthalten!! Diese Eltern können jedoch den Kindern keine Glaubenszeugen sein. Sie brauchen selbst welche…

Ich muss gestehen, manchmal denke auch ich ein wenig resigniert: „Die wollen ja nur die schöne Familienfeier. Am Sonntag nach der Erstkommunion sehen wir kaum noch jemanden.“ Aber vielleicht ist ja die Erstkommunion für die Familien so etwas wie der Maulbeerfeigenbaum für Zachäus… Vielleicht ist die äußere Feier der Blättervorhang, hinter dem sie sich verstecken, um dennoch den Ausblick auf Jesus frei zu haben? Und vielleicht begegnen ihnen in unseren Gemeinden auch viel zu wenig Menschen, die wie Jesus stehen bleiben und sie anblicken. Die sie erst einmal annehmen, wie sie sind, ohne Vorbedingung und Erwartung. Menschen wie Jesus, mit denen wertschätzende Begegnung möglich ist. Vielleicht könnten solche Begegnungen ihrem Leben ja eine ganz neue Richtung geben?

Liebe Gemeinde, der Apostel Petrus schreibt: „Gebt jedem Rede und Antwort, wenn er nach der Hoffnung fragt, die euch erfüllt.“ Die Katechese ist Aufgabe der ganzen Gemeinde – jeder nach seinen Fähigkeiten und Möglichkeiten. Natürlich gehören zur Gemeinde auch die Eltern der Erstkommunionkinder. Aber immer weniger haben die Fähigkeit und Möglichkeit, Katechet zu sein.

Darum möchte ich einen Kreis von Gemeindemitgliedern aufbauen, die Kinder als Erstkommunionkatecheten begleiten, auch wenn sie kein eigenes Kind zur Erstkommunion führen. Es geht nicht darum, den Eltern diese Aufgabe vorzuenthalten. Es geht darum, ihr Engagement zu ergänzen. Ich stelle mir vor, dass dieser Kreis von Gemeinde-Katecheten so groß wird, dass jeder Einzelne nicht jedes Jahr in Aktion treten muss. Denn Zeit spielt ja für Viele eine große Rolle. Vielleicht sagen Sie sich ja nun: „Ja, das ist etwas für mich. Ich möchte meinen Glauben bezeugen“. Und wenn Sie dazu noch Zeit haben und Erfahrung im Umgang mit Kindern, dann kommen Sie doch zum Infoabend am 18. November ins Pfarrzentrum St. Otger. Oder rufen Sie mich an. Vielleicht kennen Sie auch jemanden, für den das eine gute Aufgabe wäre. Machen Sie Werbung!
 
Das wichtigste Wort im Leben eines Menschen ist das Wort „JA“. Das Wort, das andere ihm zusprechen, bevor sie etwas von ihm erwarten. Helfen wir den Kindern und deren Familien gemeinsam, dass sie darauf vertrauen können, dass Gott schon längst „JA“ gesagt hat. Zu ihnen und zu uns allen. Und helfen wir ihnen, dass sie IHM antworten können und auch „JA“ sagen.

(Anne-Marie Eising, Pastoralreferentin St. Otger, Stadtlohn)