Statio vom 2./3.11.2013 - CJ31 – Ev.: Lk 19,1-10 – Zachäus
Was ist das wichtigste Wort im
Leben eines kleinen Kindes? „Mama“? oder „Papa“? Darüber freuen sich Mama und Papa
natürlich besonders. Worüber sie sich meist gar nicht freuen ist das Wort
„NEIN“. Wenn das Kind anfängt, NEIN zu sagen, wird es anstrengend. Dabei ist das
„NEIN“ ein gutes Zeichen. Es zeigt, dass das Kind seine eigene Persönlichkeit
entwickelt. „NEIN“ sagen kann ein Kind nur, wenn andere bedingungslos „JA“ zu
ihm sagen. Wenn es keine Angst haben muss, die Liebe der Eltern zu verlieren. Durch
eine vertrauensvolle Beziehung und eine sichere Bindung zu den Eltern
entwickelt das Kind das sogenannte Urvertrauen. Ein grundsätzliches Vertrauen
ins Leben. Und dies ist entscheidend dafür, dass es später „JA“ zu sich selbst sagen
kann, auch wenn andere einmal „NEIN“ zu ihm sagen. --- Entscheidend
für das Urvertrauen ist also die Qualität der Beziehung zwischen Eltern und
Kind.
Stellen Sie sich diese Situation
im Baum mal bildlich vor: Sie selbst sind Zachäus, sitzen da oben im Baum
hinter dem Blättervorhang. Von aller Welt werden Sie gemieden. Und dann trifft Sie
ein Blick. --- Da gibt Ihnen jemand Ansehen. --- Und es bleibt nicht beim stummen Blick. Die
Begegnung wird intensiver: „Heute noch
muss ich in deinem Haus zu Gast sein.“
In unserem Evangelium bringt Jesus
Zachäus Wertschätzung entgegen, gibt ihm Ansehen. Und das ermöglicht diesem,
sein Leben zu ändern. Die Qualität der Begegnung zu Jesus macht es ihm möglich,
seinem Leben eine neue Richtung zu geben.
Die Zachäusgeschichte steht auch
am Anfang unserer Erstkommunionvorbereitung. Auch dort ist die Qualität der
Begegnung zwischen Kindern und Katecheten ganz wichtig. Den Kindern soll
bewusst werden, dass Gott sie liebt: Vor aller Leistung und trotz aller Schuld.
Sie sollen die Erfahrung machen, dass sie dazugehören: zur Gruppe und zu Jesus
Christus und damit zur Kirche. Und die Eltern sollen erfahren, dass Gott anders
ist als die Menschen. Er macht immer den ersten Schritt. Gott sagt „JA“! Und erst
dann folgt unsere Antwort – unser Tun. Unter Menschen ist das ja oft umgekehrt.
Die erwarten, dass man sich erst ändert, bevor sie einen wertschätzen. Glauben
ist aber kein Erziehungsmittel. Es geht um Begegnung mit Jesus Christus. Und in
der Katechese sollen die Kinder eine Ahnung davon bekommen, dass ihr Leben
gelingt, wenn sie darauf vertrauen, dass Gott „JA“ zu ihnen sagt.
Doch wie kommen Menschen zum
Glauben? Wir können ihn ja nicht wie ein fertiges Paket übergeben. -- Zum
Glauben kommt man durch Glaubenszeugen und durch eigene Erfahrungen. Und beides
wollen wir Kindern in der Katechese ermöglichen: Gelingende Begegnung mit
Glaubenszeugen und Begegnung mit Gott.
Leider wird es immer schwieriger,
dass die Kinder solchen Glaubenszeugen begegnen können. Aus dem Kreis der
Eltern finden sich jedes Jahr immer weniger, die bereit oder fähig sind, die
Kinder auf die Erstkommunion vorbereiten. In diesem Jahr fehlen noch Katecheten
für etwa sieben Gruppen. Das heißt: 35 Kinder können derzeit nicht auf die
Erstkommunion vorbereitet werden. Mir wurde deshalb schon gesagt: „Du bist viel zu lasch. Du musst die Eltern
zu ihrem Glück zwingen.“ Andere sagen recht unverhohlen: „Die Eltern machen es sich leicht: Geben ihr
Kind ab und halten sich raus. Die können ruhig auch mal was tun!“ Ich werde
regelmäßig wütend, wenn ich so etwas höre. Wütend, und auch hilflos. Da wird „Glauben-bezeugen“
gleichgesetzt mit „fleißig sein“. Ich habe den Eindruck, Viele verschließen die
Augen vor der Situation, in der Familien leben.
Denn erstens: Eltern sind nicht
faul. Viele haben einfach keine Zeit, weil sie berufstätig sind. Auch viele
Mütter. Dazu kommt, von allen Seiten wird erwartet, dass sie sich einbringen:
von der Schule, vom Kindergarten, vom Sportverein. Und zweitens: Viele Eltern
sind selbst nicht mehr im Glauben groß geworden. Oder sie fühlen sich da nicht
mehr zu Hause. Aber ihren Kindern wollen sie den Glauben nicht vorenthalten!! Diese
Eltern können jedoch den Kindern keine Glaubenszeugen sein. Sie brauchen selbst
welche…
Ich muss gestehen, manchmal denke
auch ich ein wenig resigniert: „Die
wollen ja nur die schöne Familienfeier. Am Sonntag nach der Erstkommunion sehen
wir kaum noch jemanden.“ Aber vielleicht ist ja die Erstkommunion für die
Familien so etwas wie der Maulbeerfeigenbaum für Zachäus… Vielleicht ist die
äußere Feier der Blättervorhang, hinter dem sie sich verstecken, um dennoch den
Ausblick auf Jesus frei zu haben? Und vielleicht begegnen ihnen in unseren
Gemeinden auch viel zu wenig Menschen, die wie Jesus stehen bleiben und sie
anblicken. Die sie erst einmal annehmen, wie sie sind, ohne Vorbedingung und
Erwartung. Menschen wie Jesus, mit denen wertschätzende Begegnung möglich ist.
Vielleicht könnten solche Begegnungen ihrem Leben ja eine ganz neue Richtung
geben?
Liebe Gemeinde, der Apostel
Petrus schreibt: „Gebt jedem Rede und
Antwort, wenn er nach der Hoffnung fragt, die euch erfüllt.“ Die Katechese
ist Aufgabe der ganzen Gemeinde – jeder nach seinen Fähigkeiten und
Möglichkeiten. Natürlich gehören zur Gemeinde auch die Eltern der
Erstkommunionkinder. Aber immer weniger haben die Fähigkeit und Möglichkeit,
Katechet zu sein.
Darum möchte ich einen Kreis von
Gemeindemitgliedern aufbauen, die Kinder als Erstkommunionkatecheten begleiten,
auch wenn sie kein eigenes Kind zur Erstkommunion führen. Es geht nicht darum, den
Eltern diese Aufgabe vorzuenthalten. Es geht darum, ihr Engagement zu ergänzen.
Ich stelle mir vor, dass dieser Kreis von Gemeinde-Katecheten so groß wird,
dass jeder Einzelne nicht jedes Jahr in Aktion treten muss. Denn Zeit spielt ja
für Viele eine große Rolle. Vielleicht sagen Sie sich ja nun: „Ja, das ist etwas für mich. Ich möchte
meinen Glauben bezeugen“. Und wenn Sie dazu noch Zeit haben und Erfahrung
im Umgang mit Kindern, dann kommen Sie doch zum Infoabend am 18. November ins
Pfarrzentrum St. Otger. Oder rufen Sie mich an. Vielleicht kennen Sie auch
jemanden, für den das eine gute Aufgabe wäre. Machen Sie Werbung!
Das wichtigste Wort im Leben eines Menschen ist das Wort „JA“. Das Wort, das andere ihm zusprechen, bevor sie etwas von ihm erwarten. Helfen wir den Kindern und deren Familien gemeinsam, dass sie darauf vertrauen können, dass Gott schon längst „JA“ gesagt hat. Zu ihnen und zu uns allen. Und helfen wir ihnen, dass sie IHM antworten können und auch „JA“ sagen.
(Anne-Marie Eising, Pastoralreferentin St. Otger, Stadtlohn)